GMP Good Manufacturing Practice ist ein Qualitätssicherungsstandard bei Herstellung und Qualitätskontrolle von Arzneimitteln, der dazu dienen soll, die Herstellungsbedingungen international vergleichbar zu halten. Auch wenn diese Vergleichbarkeit zumindest international nicht immer gewährleistet zu sein scheint, ist der GMP Standard in den meisten Ländern in den nationalen Gesetzen und Vorschriften verankert. In Deutschland sind dies im Wesentlichen das AMG Arzneimittelgesetz und die AMWHV Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung. Die AMWHV bezieht sich auch auf den EU GMP Leitfaden, der zahlreiche Details beschreibt und zu speziellen Themen jeweils Anhänge bereithält.

Somit gehört zur Standardausrüstung eines jeden Qualitätssicherers im CMC Umfeld der Pharma-Industrie ein zumindest ausreichendes Wissen über die in den Regelwerken beschriebenen Anforderungen. Es gilt der Merksatz: Lies und merke – Regelwerke.

Im Internet Zeitalter ist es auch ein Leichtes, sich diese Texte zu beschaffen. Die Frage ist somit, warum geschieht das nur so selten und warum wird die wirkliche Bedeutung dieser Standards nicht erkannt oder gewürdigt ?

Die Inhalte von Vorschriften werden ja nicht nur dadurch unsinnig, dass es eben Vorschriften sind.

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Die folgenden beiden Grundsätze haben sich in der Praxis bewährt:

  1. Alles was in den Regelwerken eindeutig schwarz auf weiß drinsteht, muss ohne Wenn und Aber umgesetzt werden. Diskussionen darüber sind müßig und damit Zeitverschwendung.
  2. Erst wenn diese Umsetzung in der Praxis (sozusagen als die Pflichtübung) erfolgt ist, kann man sich dem Abenteuer der Interpretation der Regelwerke (der „Kür“) hingeben.

Genaue Umsetzung der in den Regelwerken beschriebenen Einzelheiten bewahrt gleichzeitig vor Überraschungen bei der Inspektion. Ein Inspektor kann etwaige Sanktionen nur unter präziser Angabe derjenigen Passagen der Regelwerke aussprechen, gegen die im Einzelfall verstoßen wird. Üblicherweise sind Meinungen von Inspektoren selbstverständlich zu diskutieren (jeder darf seine Meinung haben), Grundlage für Mängelrügen sind bloße Meinungen aber in den seltensten Fällen.

Meine Behauptung: Mängelrügen in einem Inspektionsbericht sind nicht notwendig, weil man die Mängel hätte kennen können. Im Rahmen der Organisation von GMP Maßnahmen und in Vorbereitungen auf Inspektionen habe ich immer die Auffassung vertreten: die AMWHV können wir auch selbst lesen, dazu benötigen wir keinen Inspektor. Andersherum ausgedrückt: es wäre mir persönlich peinlich, wenn ein Inspektor bei der Inspektion einen Verstoß gegen einen Passus aus den Regelwerken aufdecken würde, den wir nicht kannten, obwohl wir ihn durch bloßes Lesen hätten kennen und entsprechend beheben können. Der Anspruch war immer: wir müssen die für uns relevanten Regelwerke mindestens so gut kennen wie der Inspektor !

Erinnern wir uns an die vorhergehende Folge vier unseres Podcast, in der die Rede davon war, zur Minimierung von Ungewissheiten das unbekannte Wissen in bekanntes Wissen zu transformieren.

Wenn man also die Inhalte der Regelwerke nicht kennt, sollte man sich in diesem Sinne ans Werk machen. Die Inhalte, die man kennen könnte, sollte man auch tatsächlich kennen, um Überraschungen zu vermeiden. Wenn man sie kennt, müssen sie allerdings auch umgesetzt werden.

Dazu kann eine kompetente Sachkundige Person eine große Hilfe sein, weil sie mit darüber zu bestimmen hat, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine Zertifizierung für die Freigabe durch die Sachkundige Peron zu ermöglichen.

Meine Empfehlung: Beziehen Sie die Sachkundige Person so früh wie möglich in Entscheidungen mit ein, die die Umsetzung von GMP Anforderungen betreffen, damit es nicht zu der (leider immer noch zu häufigen) Situation kommt, dass die QP zum Zeitpunkt der Freigabeentscheidung feststellen muss, dass in der Entscheidungsgrundlage noch Lücken bestehen, die eine Freigabe verhindern.

Wenn in einer solchen Situation – und das ist immer am Ende der Prozesskette – auf die QP Druck ausgeübt wird nach dem Motto „nun gib endlich frei, die Charge ist schon auf dem Lkw“, dann riskiert das Unternehmen viel:

Es ist nicht auszuschließen, dass unter diesen Umständen die vorgeschriebenen Qualitätsstandards nicht eingehalten wurden und sowohl der Inhaber der Herstellungserlaubnis (in der Regel also das Pharma-Unternehmen) als auch die Sachkundige Person selbst und persönlich zur Verantwortung gezogen werden. Im besten Falle kommt es zu Rufschädigungen, Umsatzausfällen und Rückrufen, im schlimmsten Falle zu Personenschäden oder gar Todesfällen aufgrund von Qualitätsmängeln.

Und glauben Sie nicht, das käme nicht vor:

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